Psychische Belastungen

Handlungsempfehlungen

Die SARS-CoV-2-Pandemie kann aufgrund der notwendigen Maßnahmen zum Infektionsschutz auch psychische Belastungen zur Folge haben.

Beispiele:

  • die vorhandene und anhaltende Sorge vor einer Infektion mit COVID-19
  • die Anforderung, sich physisch zu distanzieren (Kontaktvermeidung)
  • Existenzangst durch Produktionsstillstand, Kurzarbeit, Verlust des Arbeitsplatzes
  • Doppelbelastung durch Arbeit im Homeoffice und gleichzeitige Kinderbetreuung
  • veränderte Arbeitszeiten, Arbeitsaufgaben und Arbeitsabläufe
  • fehlende technische Voraussetzungen, die effizientes Arbeiten erschweren (enge räumliche Bedingungen im Homeoffice, fehlende Hard- und Software, fehlende Kenntnis zur Funktion der betrieblichen IT-Systeme)
  • Vereinsamung durch fehlende Kontakte zu Kolleg*innen
  • fehlende oder unzureichende Informationen
  • fehlende Unterstützung durch Vorgesetzte sowie Kolleg*innen
  • Konflikte mit anderen Personen, wenn diese beispielsweise die Corona-Schutzmaßnahmen wie Abstand halten oder Maske tragen nicht einhalten.

Zur Vermeidung dieser Belastungen sind Führungskräfte gefordert, Sicherheit und Vertrauen zu vermitteln. Die veränderte betriebliche Situation ist aber gleichzeitig auch für Führungskräfte eine Herausforderung, die sich zum Beispiel durch das „Führen aus Distanz“ oder durch eine veränderte/angepasste Belegschaftsstruktur aufgrund versetzter Arbeitszeiten ergeben können.

 

Anpassung der Gefährdungsbeurteilung:
 

Zunächst einmal ist die Gefährdungsbeurteilung auch hinsichtlich pandemiebedingter psychischer Belastungen zu aktualisieren. Eine gute Grundlage dafür bietet die Handlungshilfe der Verwaltungsberufsgenossenschaft „Psychische Belastungen durch Corona bei der Arbeit minimieren“ (siehe Link). Bei der Gefährdungsbeurteilung sind die Beschäftigten zu beteiligen, denn diese können am besten darüber Auskunft geben, welchen negativen Belastungen sie ausgesetzt sind. Für Beschäftigte im Homeoffice bietet sich dazu eine Online-Befragung an, deren Ergebnisse anzeigen können, ob Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes erforderlich sind.

Für Beschäftigte, die weiterhin im Betrieb arbeiten, kann ebenfalls ein Fragebogen genutzt werden. Alternativ oder ergänzend dazu bieten sich Gespräche in kleinen Gruppen an (natürlich unter Beachtung der Corona-Schutzregeln), in denen auch sofort Verbesserungsmaßnahmen besprochen werden können.

Vor allem Führungskräfte sind gefordert, die psychischen Belastungen ihrer Mitarbeitenden ebenso wie die eigenen Belastungen im Blick zu haben und die Arbeit möglichst gesundheitsgerecht zu gestalten.

Dies gilt vor allem für die nachfolgenden Themen.

 

Abbildung 1: Das Arbeitssystem


Arbeitsinhalt/Arbeitsaufgabe:

Die Arbeit muss auch unter Pandemiebedingungen bewältigbar sein. Dazu sollten die Aufgaben klar definiert, eventuell veränderte Zuständigkeiten geklärt und erforderlichenfalls Prioritäten bestimmt werden. Den Beschäftigten sollten dabei angemessene Handlungsspielräume eingeräumt werden.

Klare und gut strukturierte Informationswege zu Aufgaben sowie zur aktuellen Situation helfen, Unsicherheiten und Unklarheiten zu vermeiden.

Bei veränderten Aufgabenzuschnitten ist darauf zu achten, dass die Beschäftigten entsprechend qualifiziert sind oder hinreichend eingearbeitet und unterwiesen werden.

Um emotionale Belastungen, zum Beispiel Angst vor Ansteckungen, zu vermeiden, sind die Beschäftigten über die getroffenen Maßnahmen und den Pandemieplan zu informieren. Führungskräfte haben bei der Einhaltung der Maßnahmen natürlich eine Vorbildfunktion.


Arbeitsorganisation:

Bezüglich der Arbeitszeitgestaltung sollten ausreichende Pausen- und Erholungszeiten ebenso sichergestellt werden wie die Festlegung klarer Erreichbarkeitszeiten. Das gleiche gilt für Kommunikations- und (virtuelle) Teammeeting-Zeiten. Eine regelmäßige Kommunikation zwischen Führungskräften und Beschäftigten zum Beispiel in Form von Regelterminen sollte selbstverständlich sein.

Für Beschäftigte im Homeoffice ist zu klären, ob die häusliche Situation beispielsweise zu häufigen Störungen und Unterbrechungen führt und wie in solchen Fällen Abhilfe geschaffen werden kann. Unter Umständen kann die Anmietung von Räumlichkeiten in wohnortnahen Co-Working-Spaces eine Alternative sein, wenn das häusliche Umfeld nicht für ein konzentriertes Arbeiten geeignet ist (siehe Homeoffice).


Soziale Beziehungen:

Regelmäßiger kollegialer Austausch dient auch der gegenseitigen Unterstützung der Beschäftigten und durch die Führungskraft. Dies sollte regelmäßig zu festgelegten Zeiten erfolgen.


Arbeitsumgebung und Arbeitsmittel:

Passende Arbeitsmittel (vor allem Hard- und Software) müssen zur Verfügung stehen, damit die Arbeit auch außerhalb des betrieblichen Arbeitsplatzes erledigt werden kann. Hier sollten Beschäftigte gefragt werden, ob weitere Arbeits- und Hilfsmittel erforderlich sind, um störungsfrei arbeiten zu können.

Gerade zum Thema psychische Belastungen sollten Führungskräfte sich von der Arbeitsmedizin und der Arbeitssicherheit beraten lassen.

 

Weitere Links:
 

VBG - psychische Belastungen durch Corona bei der Arbeit minimieren

BG RCI - Führen in der Krise - Psychologie im Arbeits- und Gesundheitsschutz

BG RCI - Virtuelle Führung – Psychologie im Arbeits- und Gesundheitsschutz

BG RCI - Corona-Pandemie: Psychische Belastungen

Werksarztzentrum Fischereihafen - Mentale Gesundheit in der Krise

DGUV - Psychische Belastung und Beanspruchung von Beschäftigten während der Coronavirus Pandemie

Beispiele von umgesetzten Maßnahmen in den Projektbetrieben:

  • (digitales) Corona-Postfach für spezifische Fragen
  • regelmäßige Führungskräfte-Calls zur Abstimmung von Vorgehnsweisen
  • Bereitstellung aktualisierte Corona-Informationen im Intranet
  • Videobotschaft der Geschäftsführung
  • Gesundheitsimpulse zur Arbeit im Homeoffice, in denen Maßnahmen zur Verhältnis- und Verhaltensprävention dargestellt werden
  • Beratung für Beschäftigte aus Risikogruppen zur zielgerichteten Maßnahmengestaltung
  • Regelmäßige Online-Teammeetings
  • Regelmäßiges gemeinsames virtuelles Frühstück zur Aufrechterhaltung des Teamzusammenhalts

Berücksichtigung psychischer Belastungen

(1) Um Beschäftigte vor einer Infektion bei der Arbeit mit SARS-CoV-2 soweit als möglich zu schützen, sind in den Betrieben vielerorts Neu- und Umgestaltungen von Arbeitsplätzen und -abläufen erforderlich. Dies beinhaltet zum Teil tiefgreifende Veränderungen der Arbeitsorganisation, der Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung sowie der Art und Weise der Kommunikation und Kooperation bei der Arbeit, was wiederum zu psychischen Belastungen führen kann.

(2) Weitere zu berücksichtigende Aspekte der Arbeit mit Auswirkungen auf die psychische Belastung der Beschäftigten sind unter anderem mögliche konflikthafte Auseinandersetzungen mit Kunden, langandauernde hohe Arbeitsintensität in systemrelevanten Branchen sowie Auswirkungen der Kontaktbeschränkungen wie zum Beispiel soziale Isolation im Homeoffice.

(3) Diese zusätzlichen psychischen Belastungen sind bei der Bewertung der Belastungssituation der Beschäftigten zu berücksichtigen und darauf basierend geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

(4) Akute Folgen der Zunahme der psychischen Belastungsfaktoren können ein nicht sicherheitsgerechtes Verhalten, eine steigende Unfallgefahr und ein steigendes Gesundheitsrisiko sein.

(5) Für eine fortlaufende Beobachtung der Auswirkungen der Arbeitsprozesse auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sind insbesondere die Führungskräfte zu sensibilisieren. Bei Bedarf sind die Arbeitsschutzexperten, wie zum Beispiel Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte sowie andere fachkundige Personen, hinzuziehen.