Grundlegende Maßnahmen
Handlungsempfehlungen
Die Corona Pandemie hat verdeutlicht, dass Produktionsausfälle in einem Unternehmen nicht nur dieses selbst wirtschaftlich gefährden, sondern aufgrund der intensiven Vernetzung von Unternehmen über Wertschöpfungsketten den Ausfall eines ganzen Netzwerks zur Folge haben kann.
So besteht das Risiko, dass aufgrund von globalen Lieferketten und weitreichender Werksschließungen bestimmte Produkte und Erzeugnisse nicht mehr lieferbar sind. Das kann bis hin zum Produktionsstillstand von Teilbereichen, vom gesamten Unternehmen oder ganzer Wertschöpfungsketten führen.
Resiliente Unternehmen ergreifen hierfür nicht nur Maßnahmen innerhalb ihres eigenen Arbeitssystems, sondern auch an den Nahtstellen zu Kund*innen und Lieferant*innen und somit entlang der Wertschöpfungskette.
So verringern verzweigte Lieferantennetzwerke, erhöhte Lagerbestände zum Überbrücken von Lieferengpässen und ein breiter Kundenstamm das Risiko, dass sich Beeinträchtigungen einzelner Elemente der Wertschöpfungskette ungedämpft auf die gesamte Wertschöpfungskette auswirken.
Im Rahmen einer Pandemie, die, zwar in unterschiedlicher Stärke, alle Elemente der Wertschöpfungskette betrifft, ist ein koordiniertes Zusammenwirken der inner- und zwischenbetrieblichen Maßnahmen damit unerlässlich.
Darüber hinaus können „Hotspots“ in einzelnen Unternehmensbereichen dazu führen, dass Teile der Produktion komplett lahmgelegt werden, weil die Beschäftigten sich in Quarantäne befinden oder bereits erkrankt sind. Auch die Betreuung erkrankter Angehöriger kann zum Ausfall von Personen führen.
Pandemieplan und Hygienekonzept erstellen:
Um solchen Situationen vorzubeugen sollte ein betrieblicher Pandemieplan erstellt und ein Hygienekonzept erarbeitet werden.
Mit Hilfe eines Pandemieplans können sich Unternehmen auf den Notfall vorbereiten und dafür sorgen, dass der Betrieb auch dann aufrechterhalten werden kann, wenn Personen in verschiedenen Funktionen ausfallen. Es muss frühzeitig sichergestellt sein, dass alle im Unternehmen ihre Aufgaben und Kompetenzen kennen, damit die Unternehmen im Notfall handlungsfähig bleiben.
Ein Pandemieplan beinhaltet die Zusammensetzung eines Krisenteams (siehe Organisation) für den Pandemiefall, die Risikoanalyse und -bewertung sowie das Kommunikationskonzept.
Dabei sollten unter anderem folgende Punkte berücksichtigt werden:
- Zuständigkeiten und Ansprechpartner im Betrieb,
- Maßnahmen organisieren (Organisation, Verhalten),
- Beschäftigte über die Vorbeugungsmaßnahmen informieren,
- Geschäfts- und Verfahrensabläufe bei Personalausfall festlegen,
- Erkrankungen Beschäftigter managen.
Der Pandemieplan und das betriebliche Hygienekonzept bilden die Grundlage für die Entwicklung geeigneter Präventionsmaßnahmen für den Betrieb. Diese „Hygienepläne“, erstellt für die einzelnen Betriebsbereiche, sind Ergänzungen zur Gefährdungsbeurteilung. Bei der Betrachtung der Gefährdung durch das SARS-CoV-2-Virus handelt es sich nicht um die klassische Gefährdungsbeurteilung im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes, sondern es geht darum in einem Hygienekonzept Maßnahmen und Verhaltensregeln für die jeweils relevanten Bereiche im Unternehmen zu beschreiben.
Nutzen Sie zur Erstellung des Hygieneplans als Hilfsmittel zum Beispiel folgende allgemeine Corona-Gefährdungsbeurteilung (der BG RCI).
Abbildung 1: BG RCI - allgemeine Corona Gefährdungsbeurteilung
Achtung!
Durch coronabedingte Veränderungen zum Beispiel in der Arbeitsorganisation können sich zusätzliche Belastungen von Beschäftigten ergeben, die in der „Klassischen Gefährdungsbeurteilung“ zu aktualisieren sind.
Beispiel 1:
Bislang haben zwei Beschäftigte einen Arbeitsplatz bedient und haben einzelne schwere Werkstücke gemeinsam gehoben und umgesetzt. Durch die räumliche Entzerrung von Arbeitsplätzen (zum Beispiel Alleinbesetzung oder nur jede 2. Maschine besetzt) müssten die Beschäftigten die Werkstücke nunmehr alleine heben und umsetzen. Hier ist zu überprüfen, ob weitere Maßnahmen angezeigt sind (zum Beispiel technische Hilfsmittel, wie Hebehilfen), um eine körperliche Überlastung auszuschließen.
Beispiel 2:
Durch veränderte arbeitsorganisatorische Maßnahmen (zum Beispiel zweischichtige Besetzung von Büros, Homeoffice) können neue psychische Belastungen entstehen, die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen sind. Dazu zählen zum Beispiel fehlender sozialer Zusammenhalt oder fehlende Informationen zur Erfüllung der Arbeitsaufgaben
Fachkompetente Beratung und Unterstützung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung leisten Betriebsärzt*innen sowie die Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Von großer Bedeutung ist die Beteiligung der Interessenvertretung beziehungsweise der Beschäftigten, um auftretende Gefährdungen und Belastungen berücksichtigen zu können. Dies gilt insbesondere für die Erhebung der psychischen Belastungen. Die Beteiligung der Beschäftigten und der Interessenvertretung gewährleistet eine gute Akzeptanz, wenn Maßnahmen gemeinsam abgeleitet werden. Die besten Maßnahmen nützen nicht, wenn sie nicht umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang sei an die Mitwirkungspflicht der Beschäftigten zu erinnern, insbesondere bei der Umsetzung verhaltensbezogener Maßnahmen. Gleiches gilt für die besondere Rolle der Führungskräfte, zum Beispiel im Rahmen ihrer Vorbildfunktion. Besonderes Augenmerk ist auf „besonders schutzbedürftige Beschäftigte“ zu richten und zu prüfen, ob zusätzliche individuelle Maßnahmen zum Schutz dieser Personengruppen notwendig sind.
Gefährdungsbeurteilung
(1) Der Arbeitgeber hat vor dem Hintergrund der Epidemie und der Bekanntmachung des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards des BMAS gemäß §§ 5 und 6 ArbSchG die bestehende Gefährdungsbeurteilung und die festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes hinsichtlich eventuell zusätzlich erforderlicher Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Hierzu geben die branchenspezifischen Konkretisierungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger zum Schutz vor SARS-CoV-2 eine Hilfestellung.
(2) Der Arbeitgeber soll bei der Überprüfung und Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung und bei der Ableitung betriebsspezifischer Infektionsschutzmaßnahmen die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt einbeziehen. Zudem ist der Prozess beteiligungsorientiert unter Einbeziehung der Beschäftigtenvertretungen oder, falls diese nicht vorhanden sind, mit den Beschäftigten umzusetzen. Geeignete Gremien für den Austausch und die Abstimmung sind der Arbeitsschutzausschuss oder eingesetzte Epidemie oder Krisenstäbe.
(3) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind die Gestaltung der Arbeitsaufgaben, der Arbeitszeit und die Integration der in Homeoffice befindlichen Beschäftigten in betriebliche Abläufe sowie die aufgrund der epidemischen Lage zusätzlich zu betrachtenden psychischen Belastungsfaktoren zu berücksichtigen. Hierbei kommt den Führungskräften eine besondere Rolle zu.
(4) Beschäftigte sind nach § 15 ArbSchG zur Mitwirkung verpflichtet. Deren notwendiges Mitwirken bei der Umsetzung und Einhaltung der verhaltensbezogenen Maßnahmen macht es erforderlich, dass sie ein Sicherheitsbewusstsein entwickeln und dieses aufrechterhalten. Gleiches gilt für Beschäftigte von Fremdfirmen, für Leiharbeitnehmer und Beschäftigte, die im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen tätig sind.
(5) Werden Tätigkeiten mit besonderem SARS-CoV-2-Infektionsrisiko (zum Beispiel berufsbedingte Tätigkeiten mit unmittelbarem Personenkontakt zu infektionsverdächtigen Personen oder bekannt Infizierten, Tätigkeiten in Laboratorien) durchgeführt, gelten die einschlägigen Regelungen zur Gefährdungsbeurteilung gemäß BioStoffV und den TRBA.
(6) Es ist zu prüfen, ob und inwieweit für besonders schutzbedürftige Beschäftigte zusätzlich zu kollektiven Maßnahmen individuelle Maßnahmen zum Schutz vor einer Ansteckung durch Beschäftigte oder Kunden zu treffen sind. Bezüglich des Schutzes für Schwangere wird auf § 10 des Mutterschutzgesetzes verwiesen, der die Berücksichtigung des Mutterschutzes im Rahmen der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG und die erneute individuelle Gefährdungsbeurteilung nach Mitteilung einer Schwangerschaft zum Inhalt hat.
(7) Wechselwirkungen mit anderen Arbeitsschutzmaßnahmen und gegebenenfalls bestehende Zielkonflikte müssen berücksichtigt werden (zum Beispiel Belastungen durch das Tragen von MNB oder Medizinischen Gesichtsmasken unter klimatisch ungünstigen Raumbedingungen).
Weitere Maßnahmen:
Bei der Erstellung oder Aktualisierung des Hygieneplans beziehungsweise bei der Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung sind nachfolgende Hinweise zu berücksichtigen.
Zur Vermeidung von Corona-Infektionen, die vor allem durch Tröpfchen und Aerosole hervorgerufen werden, steht an erster Stelle die Vermeidung von Kontakten zwischen Menschen, um eine Ansteckungsgefahr zu verhindern.
Da die Möglichkeiten zur Kontaktvermeidung im betrieblichen Umfeld begrenzt sind, wenn betriebliche Aufträge erfüllt werden müssen, sind die notwendigen Kontakte und die Virenkonzentration in der Luft zu reduzieren durch, zum Beispiel:
- einen ausreichenden Sicherheitsabstand,
- Arbeiten in festen Teams,
- Trennung der Atembereiche durch technische Maßnahmen,
- die Nutzung von Fernkontakten,
- die verstärkte Lüftung,
- die Isolierung Erkrankter,
- eine intensivierte Oberflächenreinigung und zusätzliche Handhygiene,
- Schutz- und Hygienemaßnahmen.
Bei der Rangfolge von Maßnahmen gilt auch hier, wie im gesamten Arbeits- und Gesundheitsschutz, das Prinzip: T-O-P: Das bedeutet, dass Technische vor Organisatorischen und diese vor Personenbezogenen Arbeitsschutzmaßnahmen umzusetzen sind. Die verschiedenen Maßnahmen sind sachgerecht miteinander zu verknüpfen.
| Schutzziele | Mindestanforderungen |
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(Beseitigen der Gefahrenquelle) |
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(Mensch und Gefahrenquelle trennen) |
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(Verringerung der Wirkung, verhaltensbezogene Maßnahmen) |
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Abbildung 1: Tabelle mit T-O-P Maßnahmenbeispielen
Weitere Links:
RKI - Informationen zur Ausweisung internationaler Risikogebiete durch das Auswärtige Amt
DGUV - 10 Tipps zur betrieblichen Pandemieplanung
Gefährdungsbeurteilung
(1) Die Rangfolge der Schutzmaßnahmen ergibt sich auch für Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes aus den Grundsätzen des § 4 ArbSchG. Demnach haben – dem TOP-Prinzip folgend – technische Maßnahmen Vorrang vor organisatorischen Maßnahmen und diese wiederum Vorrang vor personenbezogenen Maßnahmen. Die verschiedenen Maßnahmen sind sachgerecht miteinander zu verknüpfen (§ 4 Absatz 4 ArbSchG). Welche dieser Maßnahmen in der konkreten betrieblichen Situation sinnvoll und angezeigt sind, ist abhängig von der Beurteilung der vor Ort bestehenden Gefährdungen.
(2) Der Arbeitgeber hat insbesondere Maßnahmen zu ergreifen, die die Anzahl ungeschützter Kontakte zwischen Personen (auch indirekter Kontakt über Oberflächen) sowie die Konzentration an luftgetragenen Viren in der Arbeitsumgebung soweit wie möglich verringern. Geeignete Maßnahmen hierfür sind beispielsweise die Einhaltung der Abstandsregel, Arbeiten in festen Teams, die Trennung der Atembereiche durch technische Maßnahmen, die Nutzung von Fernkontakten, die verstärkte Lüftung, die Isolierung Erkrankter, eine intensivierte Oberflächenreinigung und zusätzliche Handhygiene.
(3) Soweit arbeitsbedingt die Abstandsregel nicht eingehalten werden kann und technische Maßnahmen wie Abtrennungen zwischen den Arbeitsplätzen nicht umsetzbar sind, müssen die Beschäftigten mindestens MNB zum gegenseitigen Schutz tragen. Entsprechend der Höhe des Infektionsrisikos, das sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergibt, sind filtrierende Halbmasken (mindestens FFP2 oder vergleichbar) als persönliche Schutzausrüstung erforderlich. Gleiches gilt, wenn in einer unmittelbaren Interaktion einer der Beteiligten keine MNB tragen kann. Die MNB und die filtrierenden Halbmasken sind vom Arbeitgeber bereitzustellen.
(4) Für die grundlegenden, technischen, organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen des betrieblichen Arbeitsschutzes sind insbesondere die folgenden Aspekte zu berücksichtigen: 1. Gestaltung der Arbeitsumgebung, zum Beispiel Anordnung der Arbeitsplätze zur Sicherstellung des Abstands, ausreichende Lüftung, Vorrichtungen wie Abtrennungen, Absperrungen und gegebenenfalls Festlegung innerbetrieblicher Verkehrswege, 2. Kontaktreduzierung durch zum Beispiel digitale Kommunikation, Bildung und Beibehaltung von Arbeitsgruppen, Arbeitszeitgestaltung, Homeoffice, 3. Hygiene und Reinigung, zum Beispiel Hände regelmäßig und gründlich waschen; wenn dies nicht möglich ist, Bereitstellung von geeigneten und rückfettenden Handdesinfektionsmitteln, Anpassung von Reinigungsintervallen, 4. Allgemeine Verhaltensregeln, zum Beispiel Wahrung von Abstand; Verzicht auf Begrüßungsformen mit direktem Körperkontakt; Husten und Niesen in die Armbeuge oder in ein Papiertaschentuch; zu Hause bleiben bei Krankheitssymptomen.